lachendes Mädchen schreibt

Regierungspräsidium Stuttgart lehnt Freie Schule ab

lachendes Mädchen schreibt

 

Mit fadenscheiniger und teilweise haarsträubender Begründung hat das Regierungspräsidium Stuttgart am 21.07.2023 die Zulassung der Freien Aktiven Schule Teck abgelehnt, obwohl diese ein gut durchdachtes Schulkonzept vorlegte (von Werner Haser, Lehrer a.D.)

Es war eine nach außen hin freundlich erscheinende Begrüßung zu einem klärenden Gespräch über die Genehmigung unserer geplanten Ersatzschule in der Nähe von Stuttgart. Seit zwei Jahren warten nette, engagierte und junge Menschen mit vielen Kindern auf deren Genehmigung. Das Schulkonzept umfasst etwa 200 Seiten und erfüllt meinen Kenntnissen nach alle gesetzlichen Anforderungen, die ich weiter unten hinzugefügt habe. Nach der Antragstellung wurden Fragen seitens der Behörde ausführlich im Nachwort nachträglich ergänzt und beantwortet.
Nun begann ein Gespräch zwischen drei Behördenmitgliedern und drei Vertretern der Antragsteller. Gleich von vorn herein hatte ich den Eindruck, wir werden hier nicht gehört, sondern sollten zuhören. Unser Konzept wurde lediglich arrogant belächelt. Da hieß es neben einigen abwertenden Bemerkungen sinngemäß: „Was Sie da schreiben, gibt es ja alles schon in den öffentlichen Grundschulen, vor allen Dingen der Offene Unterricht, der ist ja schon sehr weit verbreitet. Außerdem sei er sehr umstritten, da er nicht sicherstelle, dass die geforderten Bildungsstandards nach der Grundschulzeit erreicht werden.
Es wird offensichtlich, dass die Sachbearbeiterin althergebrachte Ansichten über Pädagogik und Methodik der Grundschule besitzt, Steinzeitpädagogik, und auch nicht bereit ist, ihre Vorstellungen zu relativieren. Wir werden gar nicht gefragt, was wir darüber denken, sondern es wird mit hochgezogenen Augenbrauen gefordert, dass wir unser Konzept neu überdenken und formulieren sollten. Die Gleichwertigkeit sollte von uns nachgewiesen werden. Wie bitte? Aber das steht doch alles da. Jetzt wird mir klar: Gleichwertigkeit wird hier mit Gleichartigkeit verwechselt.
Wir planen eine freie Schule und nicht eine öffentliche Grundschule, deren Struktur hier unbedingt verlangt wird: Lehr- und Lernarrangements sollen so dargestellt sein, dass nachvollzogen werden kann, wie Schülerinnen und Schüler arbeiten und begleitet werden. Ein exemplarischer Wochenplan/ Stundenplan soll her, aus dem ablesbar ist, dass die effektive Lernzeit zur Erreichung der Kompetenzen des Bildungsplans der der öffentlichen Grundschulen gleichwertig ist. Die Aufstellung von einer Art Kompetenzraster oder Lehrpläne/Stoffverteilungspläne für die Fächer Deutsch, Mathematik und Sachunterricht sei nötig. Wie wird sichergestellt, dass jedes Schulkind die Kompetenzen des Bildungsplans Standard 4 erreichen kann? Wie wird dies dokumentiert? Welche Instrumente der Beobachtung oder Messung von Lernentwicklung und Leistung sowie lernförderlicher Rückmeldung gibt es? Informationen zu den Lerngruppen und Lehrkräften müssen aufgestellt werden. Einsenden von exemplarischen Unterrichtseinheiten mit Materialien aus den Klassenstufen 1-4 . Wie wird sichergestellt, dass jederzeit der Übergang an eine öffentliche Schule bzw. auf eine weiterführende Schule am Ende des Bildungsgangs möglich ist? Bei der Prüfung der Zulassung unseres Antrags auf Anerkennung als Ersatzschule steht noch ein weiterer wesentlicher Punkt an: Der Nachweis eines besonderen pädagogischen Interesses. Das läge bei uns nicht vor. Wir sollten uns das noch mal gut überlegen. Das Beispiel von schon genehmigten Ersatzschulen wurde im Gespräch heftig abgelehnt und hinzugefügt, dass die besonderen pädagogischen Interessen anderer Schulen für uns nicht als Argument genommen werden können. Es sollte etwas Neues sein, was bisher andere Schulen nicht haben. Schließlich würden in dieser Behörde keine Konzepte, sondern Schulen genehmigt werden.(Was heißt das denn?). Einige schon genehmigte Schulen würden heute nicht mehr genehmigt werden, da ihr besonderes pädagogisches Interesse kein besonderes mehr sei. Hier wird der Versuch gemacht, unser Konzept in ein starres Korsett zu pressen. Hier wird Kontrolle total ausgeübt. Sind wir einer staatlichen Willkür ausgesetzt? Unser Ziel jedoch ist es, diese Fesseln zu lösen, Freiraum zu schaffen, indem wir mit innovativen und selbst bestimmten Lernformen Wissen spannend zu vermitteln beabsichtigen. Wir verstehen Kindheit als eigenständige Lebensphase mit Recht auf Selbstbestimmung, Glück und Zufriedenheit. Wir wollen die Freude und Leidenschaft als natürlichen Zugang des Kindes zur Welt und zum Lernen fördern. Unsere geplante Schule bietet den Lernenden das Ziel, das Leben zu erlernen. Wo bitte liegt bei uns in erreichbarer Nähe eine öffentliche Schule, die das bietet? Die Basis für unsere Gesellschaft sind die Kinder. Sollen sie so herangezogen werden, dass sie später in die Gemeinschaft passen? Oder fördern wir das, was sich aus ihnen heraus entwickeln will? Die Zeit der Anpassung und Gleichmacherei nähert sich dem Ende. Immer weniger Eltern sind bereit, ihre Kinder einem System auszusetzen, das sie nur zu Rädchen im Getriebe machen will. Deswegen nehmen sie beherzt das Heft in die eigene Hand und gründen Schulen, die gewährleisten, dass ihr Nachwuchs mit Respekt, Liebe und Achtsamkeit behandelt wird.

 

Anhang:

Wann sind die Voraussetzungen für eine „genehmigte" Privatschule (Ersatzschule) erfüllt?
Art. 7 Abs. 4 Grundgesetz gewährleistet unter den dort genannten Voraussetzungen die Möglichkeit Privatschulen zu errichten. Kennzeichnend für die Privatschule ist ein Unterricht eigener Prägung, insbesondere im Hinblick auf die Erziehungsziele, die weltanschauliche Basis, die Lehrmethoden und die Lehrinhalte. Das Recht zur Errichtung von Privatschulen als Ersatz für öffentliche Schulen ist jedoch durch den Vorbehalt staatlicher Genehmigung beschränkt.
Die Genehmigung für private Ersatzschulen ist zu erteilen, wenn die Schule in ihren Lernzielen und Einrichtungen sowie der Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter entsprechenden öffentlichen Schulen zurücksteht. Daher wird u.a. geprüft, ob die Einrichtung von ihrer sächlichen Ausstattung (z. B. Räume, Lehrmittel) und von ihren Lehrkräften her die Gewähr für einen ordnungsgemäßen Unterricht bietet. Des Weiteren wird geprüft, ob der Privatschulträger die erforderliche Zuverlässigkeit bietet, so dass gewährleistet ist, dass Schüler, die dort in einem Ausbildungsgang eintreten, die Ausbildung auch abschließen können und nicht die Gefahr besteht, dass die Schule z. B. wegen nicht ausreichender finanzieller Mittel während der Ausbildungsdauer den Betrieb aufgeben muss. Eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen ihrer Eltern darf nicht gefördert werden. (siehe auch Nr. 27) Letztlich muss auch die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte gesichert sein.

Unter welchen Voraussetzungen kann eine private Grundschule gegründet werden?
Für die Gründung einer Grundschule gelten nach dem Grundgesetz zusätzlich zu den allgemeinen Genehmigungsvoraussetzungen besondere Anforderungen. Es muss entweder ein besonderes pädagogisches Interesse an einer Schule der gewünschten (und im bestehenden Schulwesen noch nicht oder nicht in ausreichender Zahl angebotenen) Form vom Kultusministerium anerkannt werden, oder es muss ein Antrag von Erziehungsberechtigten vorliegen, deren Kinder die Schule als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule besuchen sollen.

Müssen sich Privatschulen an den Bildungsplan des Landes Baden-Württemberg halten?
Privatschulen (Ersatzschulen) sind zu genehmigen, wenn die Privatschulen u.a. in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen. Lehrziele i. S. d. Artikel 7 Abs. 4 Satz 3 GG sind der generelle Bildungsauftrag der Schule und die jeweiligen Bildungsziele der einzelnen Schularten und Schulstufen. Es kommt darauf an, ob im Kern gleiche Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt werden, unbeschadet eines von einer eigenen weltanschaulichen Basis aus eigenverantwortlich geprägten Unterrichts mit darauf abgestellten Lehrmethoden und Lehrinhalten. Insofern wird keine Gleichartigkeit mit öffentlichen Schulen verlangt, sondern eine Gleichwertigkeit (BVerfGE 90,107,122)
„Genehmigte" Privatschulen (Ersatzschulen) müssen insoweit spätestens am Ende des jeweiligen Bildungsgangs das Niveau des Bildungsprogramms der öffentlichen Schulen im Ergebnis erreichen. Hinsichtlich des beschrittenen Weges und der eingesetzten Mittel wird ihnen weitgehend Freiheit eingeräumt. Dies kann zur Folge haben, dass genehmigte Privatschulen (Ersatzschulen) nach ihrer ganzen Struktur so grundsätzlich verschieden von öffentlichen Schulen sein können, dass etwa für ihre Schüler vor Abschluss des Bildungsgangs ein Wechsel in das öffentliche Schulsystem ausscheidet (BVerfGE 27, 195,205; BVerfG, Beschluss vom 08.06.2011, 1 BvR 759/08) bzw. in die gewünschte Schulart (z. B. Gymnasium) nicht möglich ist.
„Staatlich anerkannte" Privatschulen (Ersatzschulen) müssen dagegen den Übertritt eines Schülers von der Ersatzschule an die entsprechende öffentliche Schule und umgekehrt ohne besondere Schwierigkeiten ermöglichen. Auch die für die entsprechenden öffentlichen Schulen geltenden Aufnahme- und Versetzungsbestimmunen müssen angewandt werden.

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